Kurzgeschichte: Die Kobra

nag-devata

Eine Parabel aus den Puranas *

Es war einmal eine giftige Kobraschlange, die mit ihrer Familie in einem entlegenen Tempel, nicht weit von einem Dorf, lebte. Die Dorfbewohner hatten alle Angst vor ihr und niemand wagte es, sich in der Nähe des Tempels nachlässig zu verhalten.

Eines Tages kam ein Weiser vorbei, und die Kobra spuckte Gift auf ihn. Der Weise blieb unbeeindruckt und dies verblüffte die Schlange. Sie erkannte die Größe des Mannes und bat ihn, sie als seine Schülerin zu akzeptieren. Der Weise gab ihr ein paar Ratschläge und sagte auch, dass es falsch sei, Menschen zu beißen und zu töten.

Der Weise ging seines Weges und kehrte ein Jahr später wieder. Er fand die Schlange an der Schwelle des Todes. Sie war so sanft und mild geworden, dass die Dorfbewohner begonnen hatten, sie zu quälen und Steine nach ihr zu werfen. Sie praktizierte Gewaltlosigkeit und weigerte sich, Mäuse zu fangen, die jetzt über sie liefen und den Tempel befallen hatten und begannen, ihn in seiner Heiligkeit zu zerstören.

Mit ihrem fast letzten Atemzug legte die Kobra ihren Kopf zu Füssen ihres Meisters und bat ihn, sie zu segnen. Der Weise antwortete:

„Mein Tochter! Ich sprach zu Dir davon, nicht zu beißen, aber ich habe Dir sicherlich nicht gesagt, nicht zu fauchen! Du hast die Pflicht, Deine Familie und Dein Gebiet zu schützen. Wenn Du aufgrund einer falschen Vorstellung von Gewaltlosigkeit und Toleranz Deine Pflicht nicht tust, musst Du die Konsequenzen, die sogar den Tod für Dich und Deine Familie und das Ende Deines Territoriums bedeuten können, tragen!“

Die Schlange war sehr erleichtert, das zu hören und begann wieder ihre Rechte geltend zu machen. Auch wenn sie nicht beißen würde, so würde sie in einer sehr erschreckenden Weise zischen und fauchen. Und schon bald begannen die Dorfbewohner wieder, sie zu respektieren, und die Mäuse, die im Tempel umherliefen und sich über sie lustig machten, begannen wegzulaufen, wenn sie erschien.

So lebten sie fortan alle wieder in perfekter Harmonie, mit Achtung für die Rechte und Gebiete des anderen.

* Die Puranas gehören zur wichtigsten antiken Schriften Indiens, die sich mit einer Reihe von Themen, wie Kosmologie, Medizin, Mineralogie, Mythen, Liebesgeschichten und Philosophie, beschäftigen.


PS: Und ja, die Assoziation der Kobra mit der Kundalini Schlange als Symbol für die innere Aufrichtung, Transformation und die göttliche Kraft in der menschlichen Inkarnation liegt nah. Die Kundalini Energie, welche zur höchsten Kraft von Bewusstsein und Liebe aufsteigen kann, ist die Brücke zwischen der physischen und feinstofflichen Welt. Sie ermöglicht das innere Licht, um die Seelenwelt zu erleuchten…

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